20.12.2021

„Wärmepumpen können die Leistung von Windkraft- und PV-Anlagen zur Wärmeerzeugung vervierfachen.“

Wärmepumpen sind eine der Schlüsseltechnologien, wenn es darum geht, den Wärmebedarf zukünftig klimaneutral zu decken. Und der Markt boomt: 2020 wurden lt. Bundesverband Wärmepumpe 120.000 Heizungswärmepumpen installiert, 40 % mehr als in 2019. Knapp ein Viertel davon ersetzt alte Ölheizungen in Bestandsgebäuden. Die bis Ende 2020 ca. eine Million Wärmepumpen im Bestand haben bisher für eine CO2-Einsparung in Höhe von 19,5 Mio. Tonnen gesorgt. Unser Technischer Berater Arne Rakel hat lange Jahre selbst Wärmepumpen entwickelt, geplant und installiert. Im Interview berichtet er, welche Vorteile diese haben, was bei der Installation beachtet werden sollte und welche Fördermittel es gibt.

Arne Rakel, Technischer Berater für die Kampagne MVeffizient bei der LEKA MV, mit seiner Wärmepumpe

 

MVeffizient: Warum ist Ihrer Meinung nach die Wärmepumpe eine der besten Technologien zum Erreichen der Klimaschutzziele und warum haben Sie sich für den Einbau einer solchen entschieden?

Arne Rakel: Die Wärmepumpe ist die einzige Maschine, die zerstreute Temperatur aus der Umgebungsluft und der Erdoberfläche wieder zu hoher nutzbarer Wärme verdichten kann. Durch sie ist eine globale Wärmerückgewinnung mit höchster sozialer Gerechtigkeit für alle möglich. Mit grünem Strom sind Wärmepumpen echte Null-Emissionsheizungen und können nebenbei die Leistung von Windkraft- und Solar-PV-Anlagen zur Wärmeerzeugung vervierfachen! Ich habe mich genau deshalb dafür entschieden, weil mich das Prinzip des „Wärme-Upcyclings“, also aus 1 Million herumliegenden Wärmeteilchen wieder einen heißen Wärmestrom zu verdichten, schon immer an das Pressen von Kohlenstaub zu Diamant erinnert hat. Ganz nebenbei ist die Anlage auf 15 Jahre die günstigste, preisstabilste und klimafreundlichste Lösung gewesen.

MVeffizient: Laut Agora Energiewende ist zur Erreichung der Klimaschutzziele in Deutschland ein Bestand von 6 Mio. Wärmepumpen bis 2030 notwendig. Ist eine Wärmepumpe für jeden geeignet und gibt es Nutzungsgrenzen, z. B. in einem Wohngebiet?

Arne Rakel: Die Energiequelle Außenluft ist, wenn ausreichend Zugang für Nachschub vorhanden ist, nahezu unerschöpflich, da diese durch Sonneneinstrahlung, Wind und unsere allgemeinen Abwärmeverluste nicht versiegt. Bei der thermischen Nutzung des Untergrundes (Erdwärme) ist hingegen auf ausreichenden Abstand der Wärmeentzugszonen zu achten, da dem Boden nicht mehr Wärme entzogen werden darf, als im Boden nachfließen kann. Auch Abstände zu Grundstücksgrenzen und Nachbar (-anlagen) sind zu wahren. Bei Erdflachkollektoren dürfen diese nicht überbaut und weder zu tief noch zu flach verlegt werden. Auch hier ist das Wärmeleitvermögen des Bodens in Abhängigkeit der Feuchtigkeit und des Bodenaufbaus zu beachten. Aber natürlich kann nicht jeder überall einzelne Wärmepumpen aufstellen. Deshalb gehören in Zukunft Wärmepumpen z. B. auch an Siedlungsabwärmeströme und in Nah- und Fernwärmenetze.

MVeffizient: Viele Menschen denken bei Wärmepumpen sofort an Erdwärme. Dabei wird die Luft-Wärmepumpe mit Abstand am häufigsten installiert. Welche Arten von Wärmepumpen gibt es und woher weiß ich welche die richtige für mein Haus bzw. mein Unternehmen ist?

Arne Rakel: Neben unzähligen gewerblichen und kommunalen Abwärmequellen aus elektrischen oder thermischen Prozessen, welche meist an Luft oder Kühlwasser gebunden sind, gibt es im wesentlichen Erdwärme und Gewässerwärme wie z. B. das Grundwasser. Die Außenluftwärmepumpen sind daher so beliebt, weil die Wärmequellenerschließungskosten annähernd bei null liegen, im Gegensatz zu Erdsonden oder Erdkollektoren. Dieser Kostenvorteil wird durch teilweise niedrigere Wirkungsgrade aufgrund der winterlichen Kälte reduziert bis hin zu Zusatzheizungen zur notwendigen Spitzenlastabdeckung. Die richtige Wärmepumpenanlage ist sehr individuell von den physikalischen Umgebungsbedingungen und den wirtschaftlichen Prioritäten des Kunden abhängig. In jedem Fall ist eine gute Planung mit Varianten- und Wirtschaftlichkeitsvergleichen sehr empfehlenswert. Die richtige Wärmepumpe ist aus meiner Sicht immer die, die Ihre Erwartungen an Energieverbrauch, Wirtschaftlichkeit und Zuverlässigkeit erfüllen kann.

MVeffizient: Was muss bei der Planung beachtet werden?

Arne Rakel: Wie bei jeder Technologie müssen die Einsatzgrenzen wie Temperaturniveaus (Quell- und Senkentemperaturen), Heizleistungen und bauliche Bedingungen genauestens beachtet werden. Eine gute Anlage besteht aus guter Technologie, guter Planung, gutem Einbau und entsprechendem Nutzerverhalten. Kein Faktor davon darf unterschätzt oder vernachlässigt werden. Tendenziell ist der Wärmepumpeneinsatz bei hohen Quelltemperaturen, wie Erdreich, Grund- und Abwasser oder Abwärme, niedrigen Heiztemperaturen, also großen Heizflächen und günstigem und sauberen Strom hoch wirtschaftlich. Unsanierte Altbauten bzw. alle Gegenteile des vorgenannten führen eher zu unwirtschaftlicheren Betriebsbedingungen. Aus meiner Erfahrung spart eine gute Planung mehr ein als sie kostet.

MVeffizient: Ist eine Wärmepumpe auch für Unternehmen geeignet? Im Gewerbe werden zum Teil sehr hohe Temperaturen für bestimmte Prozesse benötigt. Können diese auch mit einer Wärmepumpe erzeugt werden oder sind hier andere Technologien gefragt?

Arne Rakel: Es gibt mittlerweile für jedes Wärme- und Kälteproblem Anlagen, welche diese ganz oder teilweise lösen können. Im Detail kommt es auf die langfristige Wirtschaftlichkeit auch im Hinblick auf die Emissionsbilanz an. Wir beobachten zunehmend den Einzug von Wärmepumpenanlagen in industriellen Umgebungen und sogar in Fernwärmeanwendungen und zur Dampferzeugung auf Temperaturniveaus von bis zu 130 Grad. Hier hat die Entwicklung der mehrstufigen Verdichtung, der Verdichterhersteller und neuer umweltfreundlicher Kältemittel noch viel Potenzial.

MVeffizient: Für Wärmepumpen bieten Versorger günstigere Stromtarife an. Leider sind auch diese mit allen Abgaben und Umlagen belastet, die den Großteil unseres Strompreises ausmachen. Welchen weiteren Anreiz könnte die Politik in diesem Bereich setzen?

Arne Rakel: Die Politik muss dafür sorgen, dass unsinnige Geldausgaben für Fördermittel, die durch Subventionen, Steuern und Abgaben nötig werden, aufhören. Stattdessen müssen die Stromtarife für Wärmepumpen wieder runter und Prämienmodelle bzw. in Abhängigkeit des Gesamtemissionsverhaltens zur Grundlage des Anreizes werden.

 

MVeffizient: Welche Fördermittel gibt es aktuell für den Einbau einer Wärmepumpe?

Arne Rakel: Fördermittel gibt es für die Planung und Errichtung von Wärmepumpen – im Neubau sowie beim Austausch alter Öl- und Gasheizungen in Wohn- und Nichtwohngebäuden und für den gewerblichen Einsatz. Insgesamt ist die Förderkulisse momentan dynamisch zu bewerten und daher empfehle ich jedem Interessenten eine individuelle Fördermittelberatung, bezogen auf den Antragsteller, den Planungsgegenstand und den jeweiligen Einsatzzweck.